Über KI, Musik und warum man mit Robotern keine Stadien füllt - Liebchen+Liebchen

Über KI, Musik und warum man mit Robotern keine Stadien füllt

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Über KI, Musik und warum man mit Robotern keine Stadien füllt

Virtuelle K-Pop Bands und Musik, die auf Knopfdruck produziert wird. Längst ist der KI-Hype auch im Bereich der Popmusik angekommen. Aber ist das Modell „KI-Musiker“ nachhaltig und realistisch umsetzbar?

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2025 geht die Band 21 Pilots wieder auf Tour. Über 19 Stadien, mehrere Kontinente. Tickets - fast ausverkauft, innerhalb weniger Wochen. Ich bin kein Hardcore 21 Pilots Fan und Sie vielleicht auch nicht. Dennoch ist die Story der “Clancy Tour” ein starkes Beispiel für geniales Storytelling. Und dafür, wie stark die Möglichkeiten menschlicher Kreativität sich von denen einer Künstlichen Intelligenz unterscheiden.

Clancy ist eine Fantasiefigur, die in der fiktiven Stadt DEMA lebt. So heißen auch das neue Album und die Tour. Es ist das letzte Kapitel einer Story, die fast ein Jahrzehnt der Bandgeschichte umfasst und 2015 mit dem mehrfach ausgezeichneten Album „Blurryface” ihren Anfang nahm.

Bereits in ihrem ersten Album hatte die Band versteckte Symbole und Codes eingebaut, die das Erscheinen von Clancy ankündigten. Über 9 Jahre wurde diese Story so weitererzählt, dass nur eingefleischte Fans sie verstehen konnten. Gleichzeitig ist Clancy eine Reflexion des Sängers Tyler Joseph über die Reise der Band; es ist die kreative Transformation eines Lebensabschnitts, personifiziert in einer Geschichte, die von einem Album begleitet wird.

Und es geht noch weiter: Bereits vor der Tour zeigte die Band kommentarlos ein statisches Visual auf Eventflächen (Stadien, Veranstaltungsorten) auf der ganzen Welt. Ein Zeichen dafür, dass die Band in diesem Stadion spielen würde. Jedes der bisher veröffentlichten Musikvideos aus dem neuen Albums erzählt eine andere Geschichte, die die Fans ungeduldig erwarteten. Dies führte dazu, dass sich regelrechte Fan Communities bildeten, die gemeinsam rätseln und Hinweise entschlüsseln. Es sind Super-Fans, die dafür sorgen, dass ein gewaltiger Hype um die Band entsteht und die Tour jetzt fast ausverkauft ist.

Was wird KI können?

Aber Moment, geht es in diesem Artikel nicht um KI? Richtig. Es geht um eine einfache Frage: Könnte Künstliche Intelligenz all das, was ich bisher beschrieben habe, nicht irgendwann auch kreieren?

Heute kann ich in Sekunden einen coolen Track mit KI erstellen, so z.B. mit SOUNDRAW. Mit ein paar Klicks kreiere ich mir dazu einen Avatar, den ich schon morgen auf eine Bühne projizieren kann. Oder ich nehme gleich ein paar Roboter, wie auf dem Cover zu diesem Beitrag. Jetzt nur noch den Vorverkauf starten und fett abkassieren. Denn mit teuren Musikern muss ich mich dann auch nicht mehr rumschlagen. Wer braucht schon Musiker, wenn es KI gibt. Klingt einleuchtend, oder?

So, oder so ähnlich, kommt mir die Logik mancher Influencer und Experten auf LinkedIn vor, wenn es um das Thema KI und kreativen Output geht. Da bewegt sich ein historisches Portrait dank der neuen KI von Alibaba fotorealistisch oder eine Frau läuft in einer Preview von Sora die Straße runter und schon malt man sich eine Zukunft aus, in der es den Menschen eigentlich nicht mehr braucht. Das macht dann ja die KI.

Klick, Klick, Klick. Fertig.

Oder?

Blöd nur, dass am anderen Ende immer ein Mensch als Empfänger steht. Und der ist ein emotionales Wesen, das nach Stories, Kontext und Sinn sucht. Der Mensch identifiziert sich mit seiner Umgebung und gibt Texten, Bildern und Songs eine individuelle Bedeutung. Das gilt im Übrigen auch für Marken oder Konsumgüter. Nicht das Produkt der Marke ist für mich wichtig, sondern das Gefühl, das ich mit der Marke verbinde und die Story, die ich selbst damit, darüber, dadurch erlebt habe.

Dieses Schaffen von Bedeutsamkeit ist für eine Künstliche Intelligenz ganz und gar unmöglich, weil sie dafür selbst erst menschlich werden müsste. Sie müsste leiden, wie der Sänger von 21 Pilots, als er darüber nachdachte, sich das Leben zu nehmen. Oder etwas erleben, das sie verändert, wie die Band, als sie ihren ersten großen Plattendeal abschloss und zum ersten Mal in einem ausverkauften Stadion spielte. Die KI aber erlebt nichts, weil sie nicht lebt.

Mit KI kreiert man zwar Bilder, Videos, Songs am laufenden Band, aber je mehr man erschafft, desto unbedeutsamer werden die Ergebnisse. Man singt eben nicht grölend zum KI-Song “003 Electro&Dance” von SOUNDRAW in der Küche mit, sondern zu “Knocking on Heavens Door”, auch wenn der schon über 40 Jahre alt ist.

Künstler – noch nicht auf der roten Liste

Darum wird es Künstler wie die 21 Pilots in der Zukunft geben, und es wird mehr von ihnen geben. Mehr Musiker, mehr bildende Künstler, vielleicht erleben wir sogar die Wiedergeburt der analogen Fotografie. Denn die stetig wachsende Flut an bedeutungslosem, zusammengewürfelten KI-Content wird dazu führen, dass Menschen sich so sehr nach dem Authentischen sehen, dass sie bereit sind alles zu geben, nur um eine Prise davon zu erhaschen. Das Medium, ob Song, Bild, Video oder Text, wird dabei zweitrangig. Vorab geht es um die Frage: Ist das was ich sehe und höre authentisch? Löst es etwas in mir aus? Ist es mit einem menschlichen Gefühl verbunden? Und kann es all dies reproduzierbar von Album zu Album, von Roman zu Roman, von Bild zu Bild über Jahrzehnte hinweg weiterentwickeln?

Für die Band 21 Pilots lautet die Anwort: Ja. Sonst wäre die Band nicht nach wie vor so erfolgreich. Ob wir das in Zukunft auch von K-Pop Bands wie „Eternity“ erwarten können wagt der Autor dieses Artikels anzuzweifeln.

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