Leichte Sprache: Der Weg zu mehr Verständlichkeit - Liebchen+Liebchen

Leichte Sprache: Der Weg zu mehr Verständlichkeit

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Leichte Sprache: Der Weg zu mehr Verständlichkeit

Sprache ist für viele Menschen eine Hürde im Alltag. Wer Leichte Sprache verwendet, kann das ändern. Damit ist sie ein wichtiger Bestandteil für Inklusion und Teilhabe. Wir erläutern, was Leichte Sprache ist, wer sie benötigt und welche konkreten Regeln es gibt.

Es ist nicht immer leicht, die Welt, in der wir leben, zu verstehen. In den Nachrichten werden viele komplizierte Wörter verwendet. Beipackzettel sind voller medizinischer Fachbegriffe. Versicherungsunterlagen und Gebrauchsanleitungen sind häufig ziemlich verwirrend geschrieben. Und die Briefe von Behörden werden in einem Amtsdeutsch verfasst, das nichts mit unseren alltäglichen Sprachgewohnheiten zu tun hat. Oder gibt es tatsächlich Menschen, die ernsthaft Lichtbild statt Foto sagen?

Diese schwere Sprache schafft Barrieren, die Menschen in ihren Handlungsmöglichkeiten unnötig einschränken. Leichte Sprache dagegen ist der Versuch, allen Menschen einen Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Und damit auch bisher marginalisierten Personengruppen eine selbstbestimmte gesellschaftliche und politische Teilhabe zu ermöglichen.

Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache ist für eine Menge Zielgruppen hilfreich. Dazu gehören:

  • Menschen mit Lernbehinderungen
  • Menschen mit kognitiven Einschränkungen
  • Menschen, die noch nicht lange Deutsch sprechen
  • Menschen, die nicht gut lesen können
  • Menschen mit Altersdemenz

Leichte Sprache wird vor allem in geschrieben Texten verwendet. Meist werden dazu bestehende Texte übersetzt. Es können aber auch Texte speziell in Leichter Sprache verfasst werden. Außerdem kann auf Vorträgen oder Veranstaltungen simultan in Leichter Sprache gedolmetscht werden.

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Regeln für Leichte Sprache

Wer in Leichter Sprache kommunizieren will, muss klar definierte Regeln beachten. In Deutschland werden diese Regeln vom Verein Netzwerk Leichte Sprache herausgegeben. Dabei gilt es u.a. folgendes zu beachten:

  • Die Sätze sind kurz.
  • In jedem Satz steckt nur eine Information.
  • Komplizierte Wörter werden erklärt.
  • Abkürzungen werden erklärt.
  • Lange Wörter werden mit dem Bindestrich oder Medio•punkt getrennt.

Leichte Sprache umfasst aber auch Vorgaben für die Gestaltung von Texten. Die Schriftart zum Beispiel sollte gut lesbar, ohne Schnörkel (Serifen) und ausreichend groß gesetzt sein. Nach jedem Satzzeichen sowie bei sinnvollen Satzabschnitten wird ein Absatz gemacht. Die Optik von Bild und Schrift muss übersichtlich sein. Farben sind eher sparsam einzusetzen. Und einfache Illustrationen sind besser als Fotos, auf denen viele Details zu sehen sind.

Alle diese Regeln zielen darauf ab, Informationen so einfach, verständlich und eindeutig wie möglich zu vermitteln. Ob das gelungen ist, überprüfen zertifizierte Tester:innen mit Lernschwierigkeiten. Nur wenn sie alle Formulierungen verstehen, darf ein Text als „Leichte Sprache“ ausgezeichnet werden. Wer die Regeln im Detail kennenlernen möchte, wird hier fündig.

Was ist der Unterschied zwischen Leichter und Einfacher Sprache?

Nicht selten werden Leichte Sprache und Einfache Sprache verwechselt. Dabei gibt es klare Unterschiede. Einfache Sprache ist deutlich komplexer. Auch schwierige Begriffe werden hier benutzt. Die Sätze sind länger, Nebensätze sind zulässig und sämtliche im Alltag gebräuchlichen Begriffe werden als bekannt vorausgesetzt. Anders als bei der Leichten Sprache gibt es für Einfache Sprache kein definiertes Regelwerk.

Die Unterschiede im Überblick

Leichte Sprache

  • Fokussiert Menschen mit kognitiven Behinderungen oder Lernschwierigkeiten
  • Festes Regelwerk
  • Kurze Sätze ohne Nebensätze
  • Nur bekannte Wörter, komplexe Begriffe werden erklärt
  • Klare und große Schrift
  • Übersichtliches Layout, jeder Satz in einer neuen Zeile
  • Prüfung durch Prüfgruppe

Einfache Sprache

  • Konzentriert sich auf Menschen mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen
  • Nur Empfehlungen
  • Verwendung von Nebensätzen möglich
  • Alltagsgebräuchliche Wörter, auch komplexere Begriffe
  • Keine Vorgaben
  • Fließtext
  • Keine Prüfung

Beispiele für Leichte Sprache

Komplizierte Wörter vermeiden

Schlecht: erwirtschaften
Gut: verdienen

Abkürzungen ersetzen

Schlecht: ÖPNV
Gut: Bus und Bahn

Kurze Wörter verwenden

Schlecht: Automobil
Gut: Auto

Längere Wörter trennen

Schlecht: Bundesgleichstellungsgesetz
Gut: Bundes-Gleichstellungs-Gesetz

Pro Satz nur eine Information

Vorher: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt unter strikter Einhaltung der gesetzlichen Datenschutzvorschriften.“
Nachher: „Wir passen gut auf Ihre persönlichen Daten auf. Das Gesetz sagt, wie das geht.“

Passive Formulierungen vermeiden

Vorher: „Der Patient wurde über die potenziellen Risiken und Nebenwirkungen des Eingriffs aufgeklärt.“
Nachher: „Der Arzt hat mit dem Patienten gesprochen. Jetzt kennt der Patient die Risiken seiner Behandlung.“

Wo wird Leichte Sprache verwendet?

In Deutschland ist seit einigen Jahren ein positiver Trend zu mehr Leichter Sprache zu beobachten.

Vor allem staatliche Stellen haben bereits größere Vorhaben in Leichter Sprache realisiert. Die Website der Bundesregierung zum Beispiel informiert mittlerweile in Leichter Sprache über die Aktivitäten des Kanzlers und des Kabinetts. Auch einzelne Ministerien, das Auswärtige Amt oder der Bundestag kommunizieren auf ihren Websites in Leichter Sprache.

Ebenso gibt es im Bereich der politischen Bildung zahlreiche Angebote. Fast jede Partei bietet ihr Wahlprogramm auch in Leichter Sprache an. Vereine und andere gesellschaftliche Initiativen stellen ebenfalls Infos in Leichter Sprache bereit und unterstützen Menschen so bei der politischen Partizipation.

Schon seit einigen Jahren bieten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in ihren jeweiligen Regionen Nachrichten in Leichter Sprache an z.B. der NDR, MDR oder SWR. Allerdings dominieren in diesem Bereich vor allem Websites zu Einfacher Sprache wie die Seiten Nachrichtenleicht, ein Online-Angebot des Deutschlandfunks, oder die Tagesschau in Einfacher Sprache.

Informationen von Behörden sind online bereits recht häufig in Leichter Sprache abrufbar. Vor allem Städte und Kommunen erleichtern auf diese Weise ihren Bürger:innen den Zugang zu Services. In der direkten Kommunikation tun sich die meisten Ämter noch schwer mit Mails oder Schreiben in Leichter Sprache. Allerdings gibt es auch hier immer mehr Pilotprojekte.

Großer Nachholbedarf besteht generell beim Thema Gesundheitsdienstleistungen. Ob in der Arztpraxis, in der Apotheke oder im Krankenhaus: Gerade medizinische Fachbegriffe stellen häufig große Hürden dar. Hier zeichnen sich vor allem Krankenversicherungen aus, die ihre Services in Leichter Sprache beschreiben. Auch die Apothekenumschau veröffentlicht regelmäßig Artikel zu Gesundheitsthemen in Einfacher Sprache.

Am wenigsten ausgeprägt ist bisher der Bereich der privaten Güter und Dienstleistungen. Gebrauchsanweisungen, Beratungsangebote, Vertragsinformationen, aber auch Produktbeschreibungen sind fast ausschließlich in schwerer Sprache verfügbar. Das ist schade – schließlich wollen auch Menschen mit Beeinträchtigungen konsumieren, reisen oder unterhalten werden.

Leichte Sprache und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – ein komplizierter Name für ein ebenso komplexes Gesetz, das am 28. Juni 2025 in Kraft tritt. Vereinfacht gesagt betrifft es Unternehmen wie z.B. Banken, Versicherungen, Online-Shops und Mobilfunkanbieter. Diese müssen künftig sicherstellen, dass Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen Inhalte robust, wahrnehmbar, bedienbar und verständlich konsumieren können. Dazu gehören neben barrierefreien Selbstbedienungsterminals oder Farbkontrasten auf Websites natürlich auch Texte.

Allerdings wird häufig fälschlicherweise vermittelt, Leichte Sprache sei im BFSG explizit gefordert. Das ist so nicht richtig. In §17,2 der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist das Sprachniveau B2 als Referenzrahmen genannt. Und das ist deutlich komplexer als Leichte Sprache (Sprachniveau A1) und Einfache Sprache (Sprachniveau A2 bis B1). Trotzdem: Wenn betroffene Unternehmen sich fit machen für das BFSG, sollte im Zuge der Vereinfachung von Texten auch über Leichte Sprache nachgedacht werden. So zeigen Unternehmen Haltung und ermöglichen gleichzeitig einer neuen Personengruppe, sich über ihre Angebote zu informieren.

Leichte Sprache wird immer relevanter

Auch wenn Texte in Leichter Sprache einfach zu lesen sind: Die Erstellung ist weitaus komplexer. Denn es gilt nicht nur ein umfangreiches Regelwerk in Bild und Text zu respektieren. Sondern auch die Entscheidung zu treffen, wie der Sinnverlust von Texten minimiert werden kann und wo er hinnehmbar ist. Eine Aufgabe, die mittlerweile auch sehr produktiv im Zusammenspiel von Mensch und KI übernommen werden kann, bei der aber häufig auch die Mitarbeit der Rechtsabteilung sinnvoll ist.

Es ist vermutlich dieser Aufwand, der aktuell noch viele Unternehmen vor einer Kommunikation in Leichter Sprache zurückschrecken lässt. Allerdings zeigen sich bei Firmen, die den Schritt wagen, auch viele positive Effekte. In erster Linie natürlich, einen aktiven Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe zu leisten. Aber auch der Imagegewinn als sozial verantwortlicher Akteur ist ein wichtiges Argument. Nicht zu vergessen: Die Beschäftigung mit Leichter Sprache ist auch eine gute Gelegenheit, die eigenen internen und externen Kommunikationsstandards zu überprüfen und auf den neusten Stand zu bringen. Eine Übung, die für Unternehmen aus allen Branchen von Zeit zu Zeit sinnvoll ist.

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