Emotionalizing Brands #12 – Schöner Gendern in B2B-Texten - Liebchen+Liebchen

Emotionalizing Brands #12 – Schöner Gendern in B2B-Texten

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Emotionalizing Brands #12 – Schöner Gendern in B2B-Texten

Gendern oder geschlechtergerechte Sprache: Ein Thema, das emotionalisiert. Wir werfen einen Blick auf die leidenschaftliche Debatte.

Gendern oder geschlechtergerechte Sprache: Ein Thema, das emotionalisiert. Die eine Seite liegt mit der anderen in erbittertem Streit. Vermittlung häufig ausgeschlossen. Wir werfen einen Blick auf die leidenschaftliche Debatte. Und geben hilfreiche Tipps, wie gendergerechte Sprache im Alltag gelingen kann – ganz ohne sprachliche Verrenkungen.

Sie möchten, dass Ihre Texte starke Emotionen auslösen? Dann verwenden Sie in Ihrer nächsten Publikation oder Mail doch einfach mal die Formulierung „Mitarbeiter:innen“. Sie können sich sicher sein: Auf emotionale Reaktionen werden Sie nicht lange warten müssen. Denn aktuell gibt es wohl kaum ein Sprachthema, das die Gemüter so sehr erhitzt wie das Gendern.

Viele finden: Gendergerechte Sprache stört. In vielen Belangen. Sie klingt falsch, ist schlecht zu lesen, nimmt unnötig viel Platz ein und entspricht weder den Rede- noch den Schreibgewohnheiten der meisten Menschen und Medien. Häufig werden auch ideologische Absichten hinter dem Gendern vermutet. „Sprache sollte nicht zum Zuchtmeister ihrer Nutzer werden.“ So überschrieb Ulf Poschardt, Chefredakteur der Zeitung „Die Welt“, einen seiner Artikel zum Thema. Anders gesagt: Wer gendert, der signalisiere seinem Publikum, dass er es erziehen möchte.

Ein weiteres oft vorgebrachtes Argument lautet: Geschlechtergerechte Sprache sei eine Betonung der Unterschiede und Überbetonung von Geschlecht. Das generische Maskulinum dagegen stark genug, um alle Geschlechter mit einzuschließen. Die sogenannte Identitätspolitik kämpfe beim Gendern bloß gegen einen Papiertiger und verschwende damit Ressourcen, die sie eigentlich bräuchte, um die wirklichen Missstände hinter den sprachlichen Zeichen zu verändern.

Warum Gendern sinnvoll ist

Wer geschlechtergerechte Sprache anwendet, für den ist Gendern keine vergeudete Energie. Sondern ein erster Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung. Denn wie soll ein fairer Umgang in der Wirklichkeit gelingen, wenn dabei die Welt der sprachlichen Zeichen ausgeklammert wird? Für alle, die gendergerecht kommunizieren, ist diese symbolische Gleichbehandlung notwendig, um auch die reale Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern umzusetzen.

Allerdings: Nach wie vor sind die meisten Texte im generischen Maskulinum verfasst. Dadurch werden Frauen und Personen, die nicht in die binäre Vorstellung von Geschlecht passen, in vielen sozialen und beruflichen Diskursen unsichtbar. Deshalb reicht es auch nicht aus, diese Personen einfach „mitzumeinen“. Vielfalt leben heißt, alle Menschen im Unternehmen sichtbar zu machen – ob im Unternehmensblog, in Pressemitteilungen, Newslettern, Publikationen und auf der Webseite. Für Unternehmen wird gendersensible Sprache immer mehr zu einem Imagefaktor. Schließlich wollen Firmen alle Fachkräfte ansprechen und zeigen, dass Diversity nicht nur eine leere Worthülse ist, sondern gelebte Realität. Auf diese Weise Wertschätzung auszudrücken, kann für Recruiting und die Bindung von Talenten ein starker emotionaler Faktor sein.

Wie gendern?

Immer mehr Unternehmen denken aktuell darüber nach, gendergerechte Sprache einzusetzen. Eine der häufigsten Hemmschwellen ist dabei allerdings die Angst vor Texten, die nur so strotzen vor Gendersternchen, ausführlichen Doppelnennungen oder sperrigen Formulierungen, die im Lesefluss für Irritation sorgen.

In der Praxis sind diese Sorgen in der Regel unbegründet. Denn wer Sprache kreativ verwendet, findet garantiert allerhand geschlechtsneutrale Alternativen, um Inhalte auch auf andere Weise als die herkömmliche griffig zu formulieren. Verwenden Sie z.B. keine männlich konnotierten Personenbezeichnungen wie Experten, Mitarbeiter oder ähnliches. Nutzen Sie stattdessen geschlechtsabstrakte Personenbezeichnungen wie Fachkräfte, Beschäftigte und Team. Oder verwenden Sie stattdessen Relativsätze: „Wer das System nutzt, profitiert von…“ anstatt Nutzer. In vielen Fällen lassen sich Formulierungen auch durch eine direkte Ansprache verbessern, die ohnehin emotional involvierender ist. Dann heißt es auf dem Kontaktformular nicht mehr „Bei Fragen können Kunden uns jederzeit ansprechen.“ Sondern „Bitte sprechen Sie uns bei Fragen jederzeit an.“ Oft ist es auch möglich, einen Satz geschlechtergerecht im Plural zu bilden. „Jeder Auszubildende muss die Berufsschule besuchen.“ Diese Formulierung spricht nur die männlichen Lehrlinge an. Wird „jeder“ durch „alle“ ersetzt, werden alle Geschlechter angesprochen. Häufig sind Komposita mit dem generischen Maskulinum gebildet. Dann tritt bespielweise Frau Müller paradoxerweise ans Rednerpult. Leiten Sie in solchen Fällen vom Verb ab, nicht von der handelnden Person. Dann steht Frau Müller am Redepult – ein Wort, das sogar der Duden kennt. Auf die gleiche Art wird aus dem Teamleiter die Teamleitung.

Und noch ein letzter Tipp: Formulieren Sie nicht vom Handelnden aus. Formulieren Sie lieber adjektivisch. So wird aus dem „Rat des Psychologen“ der „psychologische Rat“, „die Kritiker“ werden durch „kritische Stimmen“ ersetzt. Aber nutzen Sie natürlich auch das Gendersternchen oder den Gender-Gap, wenn es zu den Menschen passt, die Sie erreichen wollen.

Wo gendern?

Wenn es darum geht, wo gendergerechte Sprache zum Einsatz kommt, dann gibt es für alle Unternehmen einen gemeinsamen Nenner: die Stellenanzeige. Denn hier ist inklusive Sprache seit 2018 keine Frage des Geschmacks mehr, sondern Pflicht. Wer in Ausschreibungen offener Stellen nur weibliche und/oder männliche Personen anspricht, kann rechtlich abgemahnt werden. Eine Möglichkeit für korrekte Anzeigen ist das Anhängen von (m/w/d) oder (m/w/divers) an die Berufsbeschreibung.

Auch das ist eine große Chance: Studien zeigen, dass divers aufgestellte Teams zu einem höheren Unternehmenserfolg beitragen. Um gendergerechte Sprache auch jenseits der Recruiting-Kampagne unternehmensweit auszurollen, empfiehlt sich der Einsatz eines Teams, das möglichst aus Fachkräften unterschiedlichster Abteilungen zusammengesetzt ist. Gemeinsam entwickeln diese dann sprachliche Leitplanken für den Einsatz einer gendergerechten Sprache im Unternehmen.

Am besten geschieht das auch mit Blick auf die Corporate Language des Unternehmens und mit Einbindung von externem Know-how. Wichtig ist auch, eine Person zu benennen, die für Erweiterungen der Richtlinien sowie für Rückfragen zur Verfügung steht. Bei der Entwicklung von Guidelines gilt es, grundsätzlich alle möglichen Kommunikationsmedien zu berücksichtigen und in aller Konsequenz sogar Vertragstexte entsprechend umzustellen.

Die Zeiten gendern sich

Einmal das Gendern konsequent durchdacht und ein wenig geübt, werden Ihnen gendergerechte Formulierungen recht schnell zuverlässig gelingen. So wie Sie jetzt schon auf Ihre Kommasetzung achten, fragen Sie sich künftig automatisch: Wen meine ich eigentlich mit meinen Worten?

Das ist nicht nur ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung im Alltag. Sondern auch ein Weg zu emotionaleren Texten und mehr Kreativität beim Schreiben – abseits von Allerweltsfloskeln, abgenutzten Sprachroutinen und hohlem Phrasengerümpel. Eine echte Chance für Alle, die sprachlich herausragen und für heterogene Zielgruppen attraktiver werden möchten.

Wer beim gendersensiblen Schreiben Inspiration für seine Texte sucht, wird übrigens auf der Plattform Genderleicht.de fündig. Das Projekt des Journalistinnenbundes bietet zahlreiche Anregungen, Hintergrundinformationen und kreative Vorschläge für Medienhäuser, Agenturen, Verbände, NGOs und Unternehmen. Die Initiative wird außerdem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Aber natürlich ist auch Liebchen+Liebchen gerne für Sie da, wenn Sie Beratung oder konkrete Unterstützung bei gendergerechten Texten und der Entwicklung verbindlicher Sprachleitlinien benötigen.

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